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27.05.2011 - Böse Überraschung für Oliver Kahn: Der Ex-Nationaltorwart musste wegen versuchter Steuerhinterziehung eine Geldstrafe von 125.000 Euro zahlen. Der Grund: Der 41-Jährige hatte nach einer ausgiebigen Shopping-Tour in Dubai die dort eingekauften Kleidungsstücke nicht beim Zoll angemeldet. Was Urlauber bei der Rückkehr aus Nicht-EU-Ländern beachten müssen, damit ihnen ein solches Schicksal erspart bleibt, verrät Prof. Dr. Joerg Andres, Steuerfachanwalt und FOM-Dozent für Steuerrecht, im Interview.
Was genau ist Oliver Kahn widerfahren?
Prof. Dr. Joerg Andres: Seine Vorliebe für gediegene Textilien hatte den früheren Nationaltorhüter veranlasst, auf einer Dubai-Reise ausgiebig zu shoppen. Wenngleich er überwiegend lediglich Poloshirts, T-Shirts, Pullover, Hemden und Hosen kaufte, summierte sich dies immerhin auf einen Gesamtwert von nahezu 6.700 Euro. Gleich, ob er sich beim geplanten Verlassen des Gepäckausgabebereichs überhaupt Gedanken über die steuerstrafrechtlichen Folgen gemacht hat oder nicht, warf man ihm vor, beim Flughafenzoll die auf den Hinweistafeln ausgesprochene Aufforderung zur Abgabe der Zollanmeldung missachtet und stattdessen den „grünen Ausgang“ für anmeldefreie Waren benutzt zu haben. Tatsache ist, dass er lediglich wegen versuchter Steuerhinterziehung eines Betrags von rund 2.100 Euro (rund 700 Euro Zoll und rund 1.400 Euro Einfuhrumsatzsteuer) belangt wurde, da ihn die Zollbeamten noch vor dem Verlassen des Zollbereichs anhielten und zum Rapport baten.
Welche Lehre sollten deutsche Urlauber daraus ziehen?
Joerg Andres: Für den ganz normalen Urlaubsreisenden, der aus Nicht-EU-Ländern nach Deutschland zurückkehrt, sollte ein solcher Fall Warnung sein, auf zumindest Folgendes zu achten:
Eine Anmeldung eingeführter Waren ist u.a. immer dann erforderlich, wenn folgende Grenzen überschritten werden:
- mehr als 200 Zigaretten (Urlauber mindestens 17 Jahre alt)
- mehr als 1 Liter Alkohol (Urlauber mindestens 17 Jahre alt)
- Gesamtwert aller Waren (auch Schmuck- und Kleidungsstücke) 300 Euro bei Einreise mit Auto oder Bahn
- Gesamtwert aller Waren (auch Schmuck- und Kleidungsstücke) 430 Euro bei Einreise mit Flugzeug oder Schiff.
Welche Strafen können verhängt werden, wenn man dennoch in eine solche „Abgabenfalle" tappen sollte und – ob kalt oder nicht – erwischt wird?
Joerg Andres: Bereits Verstöße u.a. gegen Zollbestimmungen können mit Zuschlägen, Bußgeldern und Strafen geahndet werden.
1. Zuschlag
Im Reiseverkehr kann bei Zuwiderhandlungen – unter bestimmten Voraussetzungen – anstelle der Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens ein Zuschlag auf die zu zahlenden Einfuhrabgaben erhoben werden. Dieser Zuschlag ist dann zusätzlich zu den Einfuhrabgaben zu zahlen. Im Regelfall entspricht der Zuschlag der Höhe des hinterzogenen Abgabenbetrages.
2. Bußgeld
Bußgelder werden bis zur Höhe von 50.000 Euro verhängt.
3. Strafe
Im Falle gravierenderer Zuwiderhandlungen wie Schmuggel von abgabenpflichtigen Waren (Steuerhinterziehung) sowie der Einfuhr von Waren, die Verboten und Beschränkungen unterliegen, können Geldstrafen oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, in besonders schweren Fällen sogar bis zu zehn Jahren, ausgeworfen werden.
Wie hoch im Einzelfall ein Bußgeld oder eine Strafe ausfällt, ist im Rahmen des jeweils eingeleiteten Bußgeld- oder Strafverfahrens festzustellen. Maßgebend ist neben dem jeweiligen Verschulden (= Vorsatz oder Fahrlässigkeit) auch das jeweilige Einkommen des Beschuldigten.
Ab wann gilt man dann als vorbestraft?
Joerg Andres: Bei einer verhängten Geldstrafe von mindestens 91 Tagessätzen oder mehr als drei Monaten Freiheitsstrafe ist man vorbestraft. Ab diesen Grenzen erfolgt auch eine Eintragung ins Führungszeugnis. In allen anderen Fällen wird zwar ebenfalls in das Bundeszentralregister eingetragen, diese Eintragungen darf der Betroffene „offiziell" aber leugnen und gilt insoweit dann nicht als vorbestraft. Zudem wird eine solche Eintragung (= Verurteilung bis zu 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafe von nicht mehr als drei Monaten) nach fünf Jahren wieder getilgt, wenn keine Vorverurteilungen eingetragen sind. Sind allerdings Vorverurteilungen eingetragen, so beträgt die Tilgungsfrist zehn Jahre.
Was empfehlen Sie also allen Urlaubern?
Joerg Andres: Wenngleich die Rückkehr nach Deutschland gerade nach einer Reise aus einem Nicht-EU-Land oftmals mit großen Strapazen verbunden sein kann, sollte der Gang durch den Zollbereich mit Bedacht und nicht unvorbereitet erfolgen. Sehr schnell können sich im Urlaub getätigte günstige Einkäufe nachträglich als teurer und zudem karrierehinderlicher Bumerang erweisen. Daher empfehle ich, auch die Rückkehr aus dem Urlaub unmittelbar vor Rückreiseantritt noch einmal gedanklich durchzuspielen, um keine gravierenden offenlegungspflichtige Umstände zu übersehen und hinterher teures Lehrgeld zu zahlen. Hat man dennoch vergessen, abgabenrelevante Einkäufe zu erklären, so empfiehlt sich die Hinzuziehung eines versierten Beraters, um sich keine zusätzlichen Nachteile einzuhandeln, die durchaus auch die weitere eigene berufliche Karriere erheblich gefährden können.
