Alles lief wie am Schnürchen. Schon als Abiturientin wusste Senta Sporer, dass sie Logopädin werden wollte. Nach der Ausbildung in Ingolstadt begann sie in einem Augsburger Therapiezentrum zu arbeiten. „Es machte mir viel Freude, mit Kindern an ihrer Aussprache zu arbeiten oder mit Klienten, die keine Stimme mehr hatten, doch irgendwie fehlte mir etwas. Ich wollte weiterlernen und über den Tellerrand hinausblicken“, erinnert sich Senta. Der berufsbegleitende Bachelor-Studiengang „Gesundheitspsychologie & Medizinpädagogik” an der FOM in Augsburg erschien ihr passend für ein zweites Standbein, obwohl sie keine konkrete Vorstellung hatte, was sie einmal damit machen wollte. Doch das änderte sich schon im ersten Semester: „Medizinpädagogik, also das Vorbereiten von Seminaren, Workshops und Vorträgen, um Gesundheitsinhalte weiterzuvermitteln, fand ich von Anfang an total spannend - und zwar die ganze Bandbreite“, so die heute 27-jährige, die aus Denklingen stammt.
Win-Win-Situation
Beim Verknüpfen ihrer Seminar- und Projektarbeiten mit ihrem Beruf entdeckte sie das Thema Stimmtransition bei trans*Personen und war sofort fasziniert. „Das kam in meiner Ausbildung gar nicht vor“, sagt Senta. Zeitgleich erreichte die erste Anfrage einer trans*Frau - deren biologisches Geschlecht männlich, aber das gefühlte Geschlecht
weiblich ist - , ihre Logopädie-Praxis. „Zum Glück hatte ich da im Studium an der FOM schon viele psychologische und pädagogische Inhalte gelernt, sonst hätte ich mir die Arbeit mit trans*Klient*Innen nicht zugetraut“, meint die junge Frau. Es entstand eine Win-Win-Situation: Sie konnte das erlernte Wissen über Gesundheitskommunikation und -vermittlung gleich in der Praxis anbringen, die dort gesammelten Erfahrungen in ihre Studienarbeiten einfließen lassen und wissenschaftlich fundieren. Wie in dem Modul Projektmanagement. Dafür organisierte Senta einen Stammtisch für trans*Klient*Innen. Oder in ihrer Bachelorarbeit zum Thema „Die Rolle der stimmbezogenen Aufklärung für Entscheidungen zur logopädischen Stimmtransition“. Hierbei fand sie unter anderem heraus, dass es in Deutschland zu wenige Anlaufstellen gibt, die trans*Personen über Möglichkeiten der Stimmtransition informieren und weitervermitteln. „Die Relevanz der Stimme ist einfach zu wenig bekannt. Laut aktuellen Studien aus den USA spielt die Stimme im Transitionsprozess jedoch eine große Rolle. Wer die Veränderung seiner Stimme angeht, kann seine Lebensqualität deutlich erhöhen. Und viele trans*Frauen wollen eine hellere Stimme, mit der sie im Alltag gleich als Frau erkannt werden“, erklärt die FOM Absolventin, die im Mai dieses Jahres ihr Studium abschloss.
Die unterschätzte Bedeutung der Stimme
Doch lässt sich die eigene Stimme überhaupt dauerhaft verändern? Senta schmunzelt. Ja, aber es sei harte Arbeit, viele Übungen, lebenslang, Training wie beim Sport. „Mit der männlichen Pubertät werden die Stimmlippen länger und der Resonanzraum größer. Mit gezielten Techniken kann aber die Stimmlippenmasse reduziert und der Klangraum verkleinert werden, was eine feminine Stimme erzeugt.“ Bei einem ihrer nächsten Vorträge in Augsburg wird sie das genauer erläutern.
Seit Oktober 2023 hat sie ihr Tätigkeitsspektrum erweitert - wie es ihre FOM Professorin Dr. Krautz empfahl: Neben der Logopädie (in Augsburg und am Bodensee) gibt Senta neuerdings auch Schulungen in Pflegeheimen und in öffentlichen Einrichtungen. „Das ist das Tolle an dem Studiengang, dass einem so viele Bereiche offenstehen - vom Betrieblichen Gesundheitsmanagement über Rehakliniken oder Case-Management in Krankenhäusern bis hin zur Gesundheitskommunikation mit Vorträgen und Schulungen“, resümiert Senta. Und in diese Richtung will die junge FOM Absolventin langfristig verstärkt weitermachen - „das hätte ich mir ohne Studium nicht zugetraut“.