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KI im Fokus: FOM Expertinnen und Experten im Interview

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KI in der Gesundheitsbranche

Wenn Roboter zu Ärzten werden

08.08.2023 | Essen

Welche Auswirkungen hat die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) auf die Gesundheitsbranche? Prof. Dr. David Matusiewicz zählt zu den bekanntesten Köpfen der Digitalen Gesundheit in Deutschland und ist Dekan des Hochschulbereichs Gesundheit & Soziales an der FOM Hochschule. Er ordnet die Einflüsse und Entwicklungen der KI im Interview ein.

Was kann Künstliche Intelligenz in der Gesundheitsbranche schon jetzt?
Die KI hat in der Gesundheitsbranche schon jetzt einen riesigen Einfluss. Das fängt bei der Forschung an. Dort wird schon seit Jahren mit KI gearbeitet, und es werden zum Beispiel auch Forschungen und Studien durchgeführt. In der Therapie und der Versorgung von Patienten wird sie ebenfalls eingesetzt. Wenn zum Beispiel große Datenmengen vorhanden sind, kann die KI Krankheitsmuster erkennen. Etliche Studien zeigen, dass eine KI in einigen Bereichen sogar besser analysieren kann als eine Gruppe von Ärzten. Eine KI sieht durch Muster viel präziser als das menschliche Auge. In der Radiologie kann so zum Beispiel krankes Gewebe erkannt werden.



Meinen Sie, dass es irgendwann gar keine Ärzte mehr geben wird und wir nur noch von Robotern mit künstlicher Intelligenz behandelt werden?
Es kann schon sein, dass uns in Zukunft eine KI behandelt und nur in den unklaren Fällen ein Mensch hinzugerufen wird. Oder die KI und der Arzt behandeln gleichzeitig - so können mit dem „Vier-Augen-Prinzip“ Fehler vermieden werden. Menschen machen Fehler, KI kann diese Wahrscheinlichkeit reduzieren.



Menschen machen Fehler, aber die KI doch wahrscheinlich auch, oder?
Ja, das stimmt auf jeden Fall. Das zeigen ebenfalls zahlreiche Studien. Die Stichworte lauten Sensitivität und Spezifität. Je nach Studie ist mal der Mensch und mal die KI besser. Aber in jeder Studie sind die KI und der Mensch gemeinsam besser als nur einer von beiden.



Wohin kann sich KI noch weiterentwickeln? Welche Gesundheitsbereiche könnten in Zukunft durch die Nutzung verändert werden?
Wir befinden uns noch ganz am Anfang der Entwicklungen. In Zukunft werden vermehrt Roboter eingesetzt, beispielsweise in der Pflege. Durch eine integrierte ChatGPT-Funktion oder andere KI-Technologien kann man sich dann auch mit den Robotern unterhalten. Bewohner eines Pflegeheims könnten so zum Beispiel an die Einnahme ihrer Medikamente erinnert werden oder Tee bestellen. Noch müssen wir tippen, um mit der KI zu kommunizieren, aber in Zukunft werden wir mit ihr sprechen können. Ich denke, dass das ein großer Fortschritt sein wird.


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Wo sehen Sie Herausforderungen bei der Anwendung von ChatGPT und Co.? Gerade ältere Patienten könnten weniger Vertrauen in die Digitalisierung haben?
Ab dem Zeitpunkt, an dem wir einen süßen kleinen Roboter auf dem Tisch stehen haben, der mit uns spricht, wird die Teilhabe immer größer und KI immer zugänglicher. Wenn alles irgendwann sprachgesteuert ist, wird alles intuitiver laufen.



Was sagen Sie zum Datenschutz in der Gesundheitsbranche?
Datenschutz ist einfach etwas, das wir im digitalen Umfeld nicht vollständig kontrollieren können. Die Frage wird immer sein, wie wir den Datenschutz abwägen. Viele nutzen täglich Google Maps, und da sind uns die Daten auch egal. Man muss abwägen: Wenn vielen Menschen mit der Nutzung geholfen werden kann, ist das sicherlich ein großer Pluspunkt. Der Nutzen ist einfach viel größer als das Risiko.



Wie kann explizit ChatGPT in der Gesundheitsbranche noch weiter eingesetzt werden?
ChatGPT ist nur eine Lösung. Es gibt schon ähnliche Systeme, die auch Zugriff auf medizinische Datenbanken haben. Dadurch werden Aussagen gefiltert. Ada Health ist beispielsweise ein solches Programm, das verschiedene Symptome abfragt und am Ende eine Diagnose stellt. ChatGPT ist gut für Laien und hilft bei einer ersten Einschätzung. Aber Systeme wie Ada Health sind speziell für Gesundheitsfragen geeignet.



Sehen Sie auch Nachteile bei der Nutzung von ChatGPT?
Natürlich kann eine gewisse Hypochondrie entstehen, dass Menschen bei den kleinsten Symptomen den Chatbot nach einem Ratschlag fragen. Außerdem kann der Algorithmus Fantasie produzieren; es ist ja nicht alles in Stein gemeißelt. Dadurch können auch Krankheiten gefördert werden. Gerade bei psychischen Erkrankungen sehe ich eine gewisse Gefahr.

 

Das Interview führte Leandra Stampoulis.