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Mörlenbacher Handwerker, Unternehmer und Besuchs-Seelsorger

Manfred Strauss steht mit 65 Jahren kurz vor dem Bachelor-Abschluss

Die meisten Deutschen gehen in seinem Alter in den Ruhestand: Das kommt für Manfred Strauss aus dem Odenwald nicht in Frage. Der 65-Jährige steht kurz vor dem Abschluss seines Bachelor-Studiums der Sozialen Arbeit an der FOM Hochschule für Berufstätige – und hat neben seinem Job schon die nächste Weiterbildung im Visier.

FOM Student Manfred Strauss steht mit 65 Jahren kurz vor dem Bachelor-Abschluss (Foto: Privat).
FOM Student Manfred Strauss steht mit 65 Jahren kurz vor dem Bachelor-Abschluss (Foto: Privat).

Eine Zeitungsannonce leitete die Trendwende im bewegten Leben von Manfred Strauss ein. Die evangelische Kirche suchte nach Besuchs-Seelsorgern. „Das ist etwas völlig anderes und sorgt für neue Gedanken im Kopf, das machst du“, dachte sich der Mann aus Mörlenbach im Odenwald. Zeit und Geld hatte er 2015, das Jahr, indem er sich sozusagen neu erfand. Schließlich lagen bereits mehr als 40 Jahre Berufstätigkeit hinter ihm.

Zunächst begann er als Handwerker mit einer Ausbildung zum Druckergesellen. Die Meisterprüfung und den staatlich anerkannten Betriebswirt des Handwerks setzte er gleich drauf, „denn im Druckbereich musste man sich mit BWL auskennen.“ Damals sei er immer der Jüngste gewesen, sagt Manfred Strauss und lacht. Seit seinem Studienbeginn an der FOM Hochschule ist es genau andersherum.

Vom Handwerksgesellen zum Multi-Unternehmer

Als der Chef der Firma, in der sein Vater arbeitete, plötzlich verstarb, gründete er dort eine neue Firma für Digital- und Offsetdruck sowie die Herstellung von Büchern. Das war 1985. Harte Zeiten folgten und erst als ein Kollege aus der Meisterschule bei ihm einstieg, ging es steil aufwärts mit dem Geschäft. Nebenbei gründete Manfred Strauss, selbst leidenschaftlicher Jäger, weitere Firmen, darunter ein Jagdbusiness in Kanada mit 20 Angestellten. 2011 verkaufte er alle Geschäfte und fand, nach erfolgloser Jobsuche, die Zeitungsannonce, die sein Leben veränderte. Und ihn mit der Ausbildung zum Besuchsseelsorger in die soziale Arbeit brachte.

„Mein Motto hieß stets: „Einfach machen, dann nimmt es das Schicksal schon in die Hand“, erklärt Strauss. Drei Jahre betreute er einen Mann in seinem Alter, einen spastisch gelähmten Rollstuhlfahrer, der im Altenheim lebt. Das erfüllte ihn mit großer Zufriedenheit und es keimte die Idee auf, dass es noch viele andere Menschen geben müsste, die von seinem Wissen und Erfahrungsschatz profitieren könnten. So kam er zu einem Bildungsträger, gab Stützunterricht für Azubis und heuerte wenig später als Berufseinstiegsbegleiter an.

Schlaganfall und Abendstudium

Mitten im Flow stoppte ihn ein Schlaganfall, im Alter von gerade einmal 60 Jahren. Doch er hatte Glück im Unglück und war ohne bleibende Schäden rasch wieder fit. Als er dann über seinen Arbeitgeber erfuhr, dass die FOM Hochschule in Mannheim einen neuen Studiengang „Soziale Arbeit“ auflegte, klang dies nach einer perfekten Kombination. „Das war meine Chance. Denn ich wollte ja schon immer studieren“, sagt Strauss. Im Mai dieses Jahres absolvierte der Odenwälder die letzten Prüfungen, seine Bachelor-Arbeit steht kurz vor der Fertigstellung.

Die vergangenen vier Jahre stand Strauss tagsüber als Dozent vor Jobcenter-Kunden, abends saß er als Student in den Vorlesungen der FOM. „Ich war mit Abstand der Älteste im Kurs und jeder Abend war ein Highlight für mich, denn meine jungen Kommilitonen haben mich wunderbar aufgenommen. Von ihnen habe ich auch gelernt, dass es manchmal gar nicht so sein muss wie man denkt“, schwärmt der Mann, der theoretisch im Mai 2023 in den Ruhestand gehen könnte. Aber ans Aufhören denkt er noch lange nicht, denn ein neues Ziel schwebt ihm bereits vor Augen: Die Ausbildung zum Schuldnerberater, wofür ein Bachelor-Abschluss obligatorisch ist.

14.11.2022 | Mannheim