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Was tun, um die Inflation zu bekämpfen?

„Der Abbau von Bürokratie wäre hilfreich“

Das Leben in Deutschland ist teurer geworden. Seit Monaten steigen die Kosten für Mobilität, Energie und Wohnen, auch vor Grundnahrungsmitteln, Textilien und Dienstleistungen machen die Preissteigerungen nicht halt. Welche Faktoren die Inflation besonders stark nach oben treiben, wie sich eine Erhöhung der Leitzinsen und ein Ausstieg aus den Anleihekaufprogrammen auf die aktuelle Situation auswirken würde und welche konkreten Maßnahmen kurz- und mittelfristig helfen würden, erläutert Prof. Dr. Peter Schmid, Finanzexperte an der FOM Hochschule in München.

22.03.2022 | München

Herr Prof. Schmid, warum steigen die Preise seit einem Jahr so rasant an? Und wodurch entsteht diese Inflation?

Peter Schmid: Inflation entsteht, wenn Produkte und Dienstleistungen branchenübergreifend teurer werden. Die Kaufkraft sinkt mit dem Anstieg der Preise. Die aktuelle Inflation ist verbunden mit deutlichen Preisanstiegen auf dem Energiesektor, aber auch durch Lieferengpässe, etwa im Bereich von Computerchips und Baumaterialien. Höhere Transportkosten und Lockdowns sorgen ebenfalls für eine Teuerung vieler Produkte. Nicht vergessen werden sollte aber auch die Geldmengenausweitung der letzten zehn Jahre, die deutlich über der Erhöhung des Bruttoinlandsprodukts lag. Nach dem Monetarismus ist die Inflation ein monetäres Phänomen: Wächst die Geldmenge schneller als die Produktion, steigen die Preise.

Wie würde sich eine Erhöhung des Leitzinses durch die EZB, die Europäische Zentralbank, auf diese inflationäre Entwicklung auswirken?

Peter Schmid: Mit höheren Zinsen und einer Rückführung der Wertpapierankäufe hat die EZB wichtige Instrumente zur Bekämpfung der Inflation bisher nicht ausreichend eingesetzt. Es besteht die Hoffnung, dass sich dies jetzt ändert. Dabei muss die EZB einen Spagat hinbekommen: Einerseits muss sie die Inflation bekämpfen, um einem Vertrauensverlust in die eigene Währung vorzubeugen, andererseits haben wir hohe Rezessionsgefahren. Zu denken ist hierbei nicht zuletzt an hoch verschuldete Länder des Euroraums, für die ein Abschied von der lockeren Geldpolitik mit steigenden Zinsen problematisch sein kann. 

Prof. Dr. Peter Schmid, Finanzexperte der FOM Hochschule in München (Foto: privat)

Welche weiteren Maßnahmen würden bei der Eindämmung der Inflation helfen?

Peter Schmid: Was wir dringend brauchen, ist technischer Fortschritt und eine insgesamt stärkere Innovationsbereitschaft. Die Investitionen in Forschung und Entwicklung müssen deutlich steigen. Zudem sollten Anreize für die Modernisierung von Produktionsabläufen geschaffen werden. Auch ein Abbau der Bürokratie wäre hilfreich. Auf Entlastungen für Wirtschaft und Verbraucher zu setzen, wie aktuell praktiziert, wird meiner Ansicht nach nicht zu einem Rückgang der Inflation führen. Im Gegenteil, das Verteilen von Geld – und das schuldenfinanziert – ist mittelfristig schädlich, wenn sich die Wertschöpfung nicht ausweitet.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Professor Schmid!